Cannabis als Medizin gegen seltene Krankheiten

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Cannabis-Blüten
Kann Medizinalcannabis bei seltenen Krankheiten helfen? (Photo by Hakuna Matata on Unsplash)

Medizinisches Cannabis wird in Deutschland seit 2017 verschrieben und in der Regel dann eingesetzt, wenn Patienten über chronische Schmerzen klagen. Auch bei Epilepsie und Multipler Sklerose soll Cannabis erfolgreich die Symptomeindämmung unterstützen.

Doch wie sieht es mit Beschwerden aus, welche sich abseits des Mainstreams abspielen? Kann Cannabis dazu beitragen, dass Menschen, die unter sogenannten seltenen Krankheiten leiden, zu einer besseren Lebensqualität gelangen?

Was genau ist medizinisches Cannabis?

Cannabis ist die gebräuchliche Bezeichnung für die Hanfpflanze (cannabis sativa) und ist vor allem bekannt für den berauschenden Wirkstoff THC (Tetrahydrocannabinol). Cannabis besitzt aber noch etwa 100 weitere Cannabinoide (Wirkstoffe). Neben THC macht sich gerade CBD (Cannabidiol) einen Namen, welches aufgrund seiner vermuteten entspannenden, entzündungshemmenden und krampflösenden Wirkungen in vielen Branchen Verwendung findet.

Medizinisches Cannabis nun grenzt sich in seiner Konsistenz wenig von herkömmlichem Cannabis ab. Der Unterschied liegt im Zweck der Anwendung. THC-haltiges Cannabis zum Freizeitgebrauch ist in Deutschland seit April 2024 erlaubt. Zu medizinischen Zwecken darf es unter gewissen Umständen von zugelassenen Ärzten verschrieben werden.

Wie wirkt Cannabis im Körper?

Die Wirkungen von Cannabis sind noch nicht bis ins Letzte erforscht. Allerdings gilt als sicher, dass Cannabis über das körpereigene Endocannabinoid System (ECS) seine zahlreichen möglichen Wirkungen entfaltet. Das ECS ist Teil des Nervensystems von Wirbeltieren. Es verteilt sich auf verschiedene Regionen des Körpers, geballt kommt es im Gehirn und im Zentralen Nervensystem vor. Außerdem besiedelt das ECS Zellen des Immunsystems, des Magen- und Darmtrakts sowie der Knochen und der Haut.

Die Aufgabe des ECS wird u. a. in der Reizweiterleitung gesehen. Dabei docken Transmitterstoffe, die sogenannten körpereigenen Endocannabinnoide, an den diversen Rezeptoren der Nervenzellen an. Über spezifische biochemische Prozesse werden Reize nun aktiviert oder blockiert. Es wird vermutet, dass THC, CBD und andere Phytocannabinoide die Stelle der Endocannabinoide einnehmen und deren Aufgaben übernehmen können. In der Theorie werden positive Stimmungen wie Freude aktiviert, negative Empfindungen wie Trauer und Schmerz dagegen blockiert.

Bei welchen seltenen Krankheiten kann man Cannabis anwenden?

Seltene Krankheiten betreffen nur einen geringen Teil der Menschen. Aufgrund ihrer Schwere oder Gefährlichkeit jedoch erregen sie die Aufmerksamkeit von Ärzten, Behörden und Patientenorganisationen.

Die EU (Europäische Union) definiert eine seltene Krankheit als solche, wenn weniger als 5 von 100.000 Personen davon betroffen sind. Cannabis soll das Potenzial besitzen, die Symptome dieser Beschwerden zu lindern.

Tourette-Syndrom

Die Krankheit hat neurologische Hintergründe und zeichnet sich durch plötzlich auftretende Spasmen (Tics) im Gesichts-, Nacken- und Schulterbereich aus. Derzeit werden zur Behandlung Neuroleptika verabreicht.

Diese schlagen nicht immer an und sind meist mit Nebenwirkungen verbunden. Die Hoffnung der Betroffenen ruht auf dem Wirkstoff THC, bei dem vermutet wird, dass er die Tics vermindern kann.

Dravet-Syndrom

Dabei handelt es sich um eine seltene Form der Epilepsie. Eine klinische Studie ist im Gange, bei der das CBD-haltige Medikament Epidiolex bei der Behandlung von betroffenen Kindern eingesetzt wurde. Das Experiment befindet sich in der abschließenden Phase 3, die Pharmabranche erwartet sich positive Ergebnisse hinsichtlich CBD und der Behandlung der Krankheit.

Stiff-Person-Syndrom

Unter dem Stiff-Person-Syndrom verstehen Mediziner eine fortschreitende Versteifung der Muskulatur, die von regelmäßigen Muskelkrämpfen begleitet wird. Inzwischen wurde bekannt, dass in der Universitätsklinik im spanischen Alzira ein Mann, der unter der Krankheit leidet, mit dem cannabishaltigen Medikament Sativex behandelt wurde. Nach mehr als einem Jahr haben sich laut Aussagen Beteiligter erhebliche Verbesserungen eingestellt. Herkömmliche Behandlungsformen dagegen blieben wirkungslos.

Achalasie

Bei Achalasie ist die Muskulatur der Speiseröhre beeinträchtigt. Sie kann sich nicht mehr entspannen. US-amerikanische Forscher berichten von einem Patienten*, der Cannabis innerhalb von 9 Jahren in geringen Dosen angewendet hat. In dieser Zeit klagte der Patient nur über geringe Verdauungsprobleme.

Intrakranielle Hypertonie

Bei dieser neurologischen Erkrankung ist im Gehirn zu viel cerebrospinale Flüssigkeit vorhanden. Vor allem übergewichtige, schwangere Frauen sind davon betroffen. Dadurch wird ein verstärkter Druck auf das Gehirn ausgeübt. Mit Cannabis, so wird vermutet, kann dieser intrakranielle Druck gesenkt werden.

*Quelle:

Luquiens, Amandine et al: Self-medication of achalasia with cannabis, complicated by a cannabis use disorder (link), 2015

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